
IMPLICON 05 2017:
Mehr Leistung in der Pflege – Erste Bilanz nach Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes II
Textauszug:Seit dem 1. Januar 2017 ist das Pflegestärkungsgesetz II, die umfassendste Reform der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung 1995, wirksam. Die Reform basiert auf einer völligen Neudefinition der Pflegebedürftigkeit und bezieht neben körperlichen Beeinträchtigungen nun auch psychische und kognitive Defizite sowie die Probleme bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Pflegebedürftigen ein. Pflegebedarf wird nicht mehr in Minuten gemessen und drei Pflegestufen zugeordnet, sondern an verbliebenen physischen, psychischen und kognitiven Fähigkeiten gemessen und dementsprechend stärker differenziert fünf Pflegegraden zugeordnet, denen wiederum, differenziert nach ambulanter Pflege durch Angehörige oder professionelle Pflegedienste und stationärer Pflege in Heimen unterschiedliche Geldbeträge zugeordnet sind. Auf der neuen gesetzlichen Basis hat der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) im vergangenen Jahr das zuletzt 2009 aktualisierte Begutachtungsverfahren komplett neu gefasst und inzwischen implementiert. Eine erste Bilanz der Begutachtungstätigkeit durch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen für das erste Quartal 2017 zeigt, dass – anders als bei Einführung der Pflegeversicherung 1995 – die Neubegutachtungen relativ zügig abgewickelt werden und von Gutachtenstaus keine Rede sein kann. Ein wichtiges Zwischenergebnis ist auch dies: Obwohl im Pflegestärkungsgesetz II ein Algorithmus vorgesehen ist, nach dem bisher schon Pflegebedürftige von der bisher anerkannten Pflegestufe auf einen neuen Pflegegrad automatisch übergeleitet werden und damit zumindest nicht schlechter gestellt werden sollen als bisher, sind in beträchtlichem Umfang Neubegutachtungen beantragt worden, die zu einem großen Teil zu Höherstufungen geführt haben. Das heißt: Der gesetzliche Algorithmus bewirkt nicht automatisch, dass die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs in vollem Umfang den potenziell pflegebedürftigen Menschen zugute kommt.
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